Wanderblogger im Interview #4: Jana von ZuFussUnterwegs.com

Zuletzt aktualisiert am 11. November 2021

Im Rahmen der Wanderblogger im Interview-Reihe gibt es heute das erste Interview mit einer Wanderbloggerin, die nicht in Österreich lebt. Jana von ZuFussUnterwegs.com ist wegen ihrer Liebe zu den Bergen vor 10 Jahren von Deutschland in die Schweiz ausgewandert.

Heute im Interview: Jana von ZuFussUnterwegs.com

Jana Wessendorf ist Naturliebhaber, Wandermensch und ein kleiner Schokoladenfan. Nach einigen Jahren Dauerlauf im Karriere-Hamsterrad ist sie nun zu Fuss unterwegs. Jana ist ganz bewusst ein LangsamMacher und setzt sich als zuFüssler erfolgreich für die Wiederentdeckung der Langsamkeit ein: im Alltag, in der Natur, beim Wandern und auf Reisen. Sie führt Dich ein in die Kunst, zu Fuss unterwegs zu sein. Etwas, das Freude, Ekstase und manchmal auch ein bisschen Rebellion sein kann. Etwas, das zur Glückssache wird.

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1. Wann und wie bist du zum Wandern gekommen?

Das Wandern wurde mir fast in die Wiege gelegt. Meine Eltern nahmen uns, meine Schwester und mich, schon in frühen Jahren mit zum Wandern im heimischen Thüringer Wald, einem dicht bewaldeten Mittelgebirge. Egal, ob im Frühjahr, Sommer oder auch im Herbst zum Pilze suchen, wir waren viel und oft unterwegs. So wurde der Grundstein gelegt für die Liebe zur Natur und zum Wandern. Nachdem die Mauer fiel – ich bin DDR-Ossi – entdeckte ich die Liebe zum Wandern in den Alpen – und ab da gab es kein Halten mehr.

2. Was ist für dich das Besondere am Wandern?

Die Langsamkeit, die innere und äussere Ruhe dabei sowie das Naturerlebnis. Ich liebe es, zu Fuss unterwegs zu sein, weil ich dabei Schritt für Schritt aus der stressigen Alltagswelt hinein wandere in die friedliche Ruhe der Natur und/oder der Berge. Wandern schafft Abstand und lässt mich mein kreatives Ich finden. Ich schätze die Ruhe abseits der Zivilisation genauso wie ich die sanften Töne – visuelle und akustische – in der Natur liebe.

3. Was war deine bisher schönste Wanderung?

Das fallen mir zwei sehr unterschiedliche Wanderungen ein.

Die erste war eine mehrtägige Wanderung auf dem Frolikha Adventure Coastline Track am Ostufer des Baikalsees. Tagelang wanderten wir mit der Taiga im Rücken und dem Baikalsee vor der Brust, in betörender Natur und natürlicher Einsamkeit in diesem wunderbaren Flecken Erde. Über Stock und Stein, durch dichten Taigawald, wanderten wir ebenfalls auch immer zwischen Hoffnung und Angst schwankend, einem Bären zu begegnen. Noch heute, sechs Jahre später, ist diese Erinnerung sehr lebendig. Diese Wanderung wird immer einen Platz in meinem Herzen behalten.

Der Baikalsee

Die andere Wanderung, an die ich denke, habe ich in meinem Wanderwohnzimmer, dem Tessin, der italienischen Schweiz, unternommen. Sie führte mich über 1.500 Höhenmeter steil hinauf auf eine einfache Geissenalp, die Alpe Nimi, wo mich ein charismatischer Bergbauer, Pietro, nebst vielen Ziegen, drei Schweinen, einem Esel, einem Pferd, drei Hühnern und einem fantastischen Blick über den Lago Maggiore, begrüsste. Am anderen Tag ging es immer auf der Krete entlang bis zum Hausberg Locarnos, der Cimetta, wo diese zwei fantastischen Tage leider zu Ende gingen. Seither bin ich mehrere Male zur Alpe Nimi zurückgekehrt. Diese besondere Wanderung habe ich natürlich auch in mein eBook “Tälerhüpfen im Tessin” aufgenommen.

Die Alpe Nimi

4. Wo möchtest du unbedingt einmal eine Wanderung machen?

Für mich ist es weniger das Wo als vielmehr das Wie. Ich träume von einer Fernwanderung über zwei bis drei Monate. Jeden Tag morgens aufbrechen, auch ein bisschen ins Ungewisse, neue Landschaften kennenlernen, unterwegs mit mir, meinen Gedanken und anderen Fernwanderern, die mir begegnen, gespannt auf das, was noch vor mir liegt. Dieses Gefühl, jeden Tag zu wandern, auf ein fernes Ziel zu, das möchte ich einmal erleben.

5. Wie sieht deine Tourvorbereitung aus?

Mein Rucksack für meine typische Wanderung am Wochenende ist eigentlich immer gepackt – egal, ob im Winter oder im Sommer. Die notwendige Grundausrüstung ist daher immer parat. Dann verbleibt mir noch, den Proviant einzukaufen, die richtige Wanderkarte bereitzulegen, die Unterkunft zu reservieren und, vor allem, das Wetter zu checken.

Eine neue Wanderung entdecke ich beim Stöbern in der Buchhandlung oder auf einer der diversen Wanderseiten, auf denen man so unendlich viele Wanderungen finden kann. Meistens lasse ich mich dabei vorrangig von den Fotos inspirieren und schaue danach nach dem Schwierigkeitsgrad.

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6. Welche Ausrüstung darf bei keiner Wanderung fehlen?

Essen, Trinken, Sonnen- und Regenschutz, mein Schweizer Taschenmesser, die richtige Wanderkarte sowie mein Smartphone. Ohne Letzteres gehe ich nicht aus dem Haus, ist es doch auch mein Lesephone. Ausserdem habe ich auf jeder Bergwanderung ein Paar Ersatzschuhe (meist Crocs) dabei, die ich in den Hütten anziehe und die es mir erlauben, direkt nach der Wanderung aus den festen Bergschuhen zu krabbeln.

7. Hast du Tipps für Wanderanfänger?

Mir fallen drei Ratschläge ein, die ich einem Wanderanfänger mit auf den Weg geben möchte:

  1. Ein gesundes Einschätzen der eigenen Fähigkeiten, konditionell und was den Schwierigkeitsgrad angeht, ist absolut wichtig und äusserst hilfreich.
  2. Immer etwas zu Trinken und zu Essen dabei haben, sowie ein Telefon und Notfallnummern, die Hilfe bringen können.
  3. Beim Wandern geht es auch ums unterwegs Sein, lass dir Zeit, verweile, geniesse, beobachte und staune.

8. Wie kam es zur Idee von ZuFussUnterwegs.com?

Ich möchte meine Leidenschaft zum Wandern, zu den Bergen und zur Natur nicht nur für mich geniessen, sondern mit anderen Menschen teilen. Zu Fuss unterwegs zu sein ist unsere natürlichste – und langsamste – Form der Fortbewegung, die uns leider immer mehr abhanden kommt. Dabei hat sie so viel zu bieten: neue Entdeckungen und Begegnungen unterwegs, neue Blickwinkel, wenn man andere Wege einschlägt, aber auch die Zeit und die Musse, das eigene Tun und Leben bewusst(er) wahrzunehmen.
Ich wünsche mir, andere für das Thema Langsamkeit und das Gehen, Schreiten oder Wandern begeistern zu können.

9. Hast du Vorbilder, was das Wandern oder Bloggen angeht?

Ich lese Christof Herrmann von www.einfachbewusst.de sehr gerne, der ja selbst auch eigene Wanderbücher veröffentlicht. Vorbilder sind für mich all die zuFüssler, die grosse Wanderungen und eigene Herzensprojekte umsetzen. Aus ihren Büchern, die ich meistens regelrecht verschlinge, hole ich mir Inspiration und Anregungen. Zuletzt habe ich, zum Beispiel, Simon Michalowicz (”Norwegen der Länge nach”) und Christine Thürmer, die die grossen amerikanischen Fernwanderwege alle gemeistert hat, gelesen. Vor vielen Jahren habe ich Philippe Valery, der zu Fuss von Marseille nach Kashgar gelaufen ist, in den Händen gehabt – und seither lese ich Bücher solcher Unternehmungen mit niemals enden wollender Begeisterung. Und deshalb wird es Zeit, so etwas selbst einmal in Angriff zu nehmen … 🙂

10. Inwiefern hat Wandern dein Leben verändert?

Es hat mir meine Liebe zur Natur immer wieder – buchstäblich – vor Augen geführt. Dabei habe ich gemerkt, wie entspannt und glücklich ich nach einer Wanderung immer nach Hause zurückgekehrt bin.

Fast noch ein bisschen wichtiger ist, dass mir das Wandern gezeigt hat, dass es auch sehr schön sein kann, wenn es mal nicht, wie immer im beruflichen Alltag, schnell gehen muss, sondern, dass ich mir auch mal Zeit nehmen darf.

Der Gegensatz zwischen den stressigen, schnellebigen, immer gleichen Stunden und Tagen im Büro und meinem Glücksempfinden beim Wandern wurde immer grösser. Das Wandern hat mich gelehrt, was mir – für mich selbst – wirklich wichtig ist. Das ist sein grösster Verdienst, wenn nicht der grösstmögliche.

Danke für das Interview, liebe Jana!

Die wunderschönen Fotos wurden von ZuFussUnterwegs.com bereitgestellt.

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